Backpacken in Norwegen

Tromso Ausblick
 

Backpacken in Norwegen… klingt vielleicht etwas ungewöhnlich, oder? Die meisten Reisenden, die Norwegen erkunden wollen, fahren nämlich mit dem Camper. Wir wollten aber mal etwas ganz anderes ausprobieren: Von Oslo aus Richtung Westen und dann bis ganz oben in den Norden fahren, ohne eigenen fahrbaren Untersatz, möglichst spontan.

Wir buchten zwei Wochen vor Reisebeginn einen Flug nach Oslo und 17 Tage später einen Rückflug aus Tromsø. Der zeitliche Rahmen stand, die Zeit dazwischen musste “nur” noch gefüllt werden. In unserem Rucksack durfte auf keinen Fall unsere Campingausrüstung inklusive Zelt fehlen, denn wir wollten so häufig wie möglich wildcampen. Wir waren also bereit für unser nächstes Abenteuer.

Als erstes ging es für 2,5 Tage nach Oslo. Hier suchten wir uns in der ersten Nacht einen Platz zum Wildcampen in der Nähe des Flughafens. Im Prinzip liefen wir einfach schnurgerade 3,5 km Richtung Pampa, um dort dann unser Zelt aufzuschlagen. Die zurückzulegende Distanz, um überhaupt erst einmal das erweiterte Flughafengelände verlassen zu können, ist schon gewaltig. Am nächsten Morgen machten wir uns dann auf den Weg in die Osloer Innenstadt. Zehn Euro pro Person hat uns das Studententicket mit dem Zug vom Flughafen bis zum Hauptbahnhof pro Person gekostet. Dafür fährt man dann aber auch die rund 50 km bis Oslo mit einem Hochgeschwindigkeitszug, das geht richtig komfortabel und schnell. In der Innenstadt verstauten wir unsere Backpacks in einem Schließfach und machten uns auf eine Tour durch die Hauptstadt. Wir waren von Anfang an begeistert. Hier mischt sich viel Wasser mit moderner Architektur und einem ganz besonderen Vibe. Das Wetter war wunderschön, weshalb sich gefühlt die gesamte Stadtbevölkerung im und am Fjord aufhielt.

Am Abend checkten wir in einem Hostel ein, das wir für zwei Nächte gebucht hatten und machten es uns mit selbstgekochtem Dosenfutter auf unseren Betten gemütlich. Hier planten wir auch unseren nächsten Tag in Oslo. Nach einer erholsamen Nacht erkundeten wir weitere Teile der Stadt, darunter den berühmten Holmenkollen samt Skisprunganlage. Den Abend verbrachten wir im Sørenga Sjøbad, einem kostenlosen Freibad, das direkt im Fjord liegt. Hier verbrachten wir Stunden, bis die Sonne unterging und den Himmel in ein wunderschönes Orange tauchte.

Am nächsten Morgen setzten wir uns in den Zug Richtung Bergen, die berühmte Bergenbahn. Wir hatten eine lange Fahrt vor uns, doch diese verbrachten wir damit, aus dem Fenster zu schauen und die wunderschöne Landschaft zu bewundern. Kein regulärer Linienzug weltweit verkehrt in größerer Höhe. Fahrt und Aussicht sind wirklich atemberaubend! Als wir in Bergen ankamen, hieß es für uns, einen Platz zum Wildcampen zu finden. Wir entdeckten eine Grünfläche auf Google Maps und machten uns auf den Weg dorthin. 300 Höhenmeter auf einem Weg von zwei Kilometern lagen vor uns, was mit den Backpacks ganz schön anstrengend war. Aber wir hatten Erfolg, denn oben fanden wir ein nettes Plätzchen am Wasser.

Bergen ist die regenreichste Stadt Europas, man sollte damit rechnen, nass zu werden. Mitten in der Nacht jedoch kollabierte unser Zelt im strömendem Regen. Wir hatten aber Glück im Unglück, denn die Grünfläche hatte einige Unterstellmöglichkeiten, unter denen wir unsere Sachen erstmal vor dem Regen in Sicherheit bringen konnten. Von dem Zelt mussten wir uns allerdings verabschieden, denn es gab keine Möglichkeit, dieses ohne funktionstüchtige Stangen zu retten. Wir machten uns also ohne das Zelt auf den Weg in die Stadt, um uns einen Überblick zu verschaffen und buchten uns ein Hotel, indem wir die nächsten zwei Nächte unterkommen konnten. Trotz der Umstände verzauberte uns Bergen mit seinem skandinavischen Charme.

An unserem zweiten Tag in Bergen hatten wir uns vorgenommen, eine Tour namens “Norway in a Nutshell” zu machen. Hier fuhren wir mit der Bergenbahn bis nach Voss. Dann nahmen wir den Bus bis nach Gudvangen. Dort startete eine der ersten Elektrofähren der Welt lautlos durch den Naerøyfjord, den schmalsten Fjord des Planeten und UNESCO Weltnaturerbe. Zurecht, denn trotz des recht schmalen Wasserwegs ragen die Gipfel an den Seiten bis zu 1800 m in den Himmel. Das war für uns echt ein mystisches Erlebnis, denn die Bergspitzen waren an dem Tag wolkenverhangen und überall konnte man kleine Flecken entdecken, an denen Menschen scheinbar völlig abgeschieden leben. In Flåm stiegen wir dann in die Flåmbahn, die uns über die steilste Strecke der Welt auf der Normalspur führte. In Myrdal ging es dann für uns mit der Bergenbahn zurück nach Bergen.

Unser nächster Stop nach Bergen war Ålesund. Diesen erreichten wir über das berühmte Hurtigruten Postschiff, auf dem wir zusammen mit einer Menge Kreuzfahrttouristen nach Norden reisten. Wir hatten uns aber etwas ganz besonderes überlegt, denn wir wollten das absolute Backpackerfeeling haben und konnten uns sowieso keine Kabine auf dem Schiff leisten. Wir verbrachten unsere Nacht also oben in der Explorer Lounge auf einem der sehr bequemen Sofas. Wir hatten ja sowieso unsere Schlafsäcke dabei und machten es uns dort gemütlich, während die Gäste langsam die Bar verließen. Nach einer doch recht komfortablen Nacht kamen wir dann in Ålesund an. Die kleine Stadt erkundeten wir an einem halben Tag, bevor wir unseren Mietwagen abholten. Wir hatten uns einen Klassiker vorgenommen: Mit dem Auto auf der berühmten Atlantic Ocean Road fahren.

Wir hatten genau 24 Stunden, um eine, von der reinen Fahrtzeit her, zwölfstündige Strecke mit dem Auto zurückzulegen. Dabei hatten wir einen genauen Plan von Orten, die wir abklappern wollten. Neben der Atlantic Ocean Road stand der Geirangerfjord, ebenfalls UNESCO Weltnaturerbe, auf unserem Plan. Die Route war ein einziger Highlightfilm, eigentlich wollten wir überall anhalten und Fotos machen. Ein wunderschöner Ort jagte den nächsten. Wir waren vollkommen überwältigt von der Schönheit der Natur. Und das trotz Regen. Wir schliefen eine Nacht im Auto, direkt an einem Fluss, von Berggipfeln umringt.

Am nächsten Tag schauten wir uns Ålesund nochmal genauer an, bevor es für uns mit dem Bus nach Trondheim ging. Die mittelgroße Stadt ist sehr sehenswert. Es gibt hier ganz viele bunte Holzhäuser, die auf Stelzen im Wasser stehen. Außerdem steht hier auch eine der bedeutendsten Kirchen Norwegens, aber dazu in einem späteren Artikel mehr. Auch der Trondheimfjord ist gigantisch toll, größer als der Bodensee! Wir verbrachten hier einen wirklich schönen Tag, an dem sich sogar die Sonne blicken ließ.

Abends ging es für uns mit dem Nachtzug nach Bodø. Das war mit Abstand die anstrengendste Nacht in Norwegen für uns. Wir wollten kein Geld für eine Kabine ausgeben und schliefen beide im Sitzen. Oder besser gesagt: Wir versuchten zu schlafen. Am Morgen wurden wir dann von einer Einheimischen abgeholt, die uns drei Tage lang die Gegend rund um Bodø zeigte. Wir durften sogar in einem ihrer Zelte im Garten schlafen. Vielen Dank! So konnten wir endlich wieder campen. Außerdem erfuhren wir hier viel über Sprache, Kultur und das Land an sich. Ein Highlight für uns als ehemalige Schwimmer: Sie nahm uns mit zum Eisschwimmen. Somit wurde einer meiner (Celina) absoluten Bucketlist Momente abgehakt: Ein Mal im Arktischen Ozean schwimmen. Brrrr!

Nachdem wir uns ein paar Tage Zeit für die Natur in und um Bodø genommen hatten, darunter der beeindruckende Saltstraumen, ging es für uns weiter nach Tromsø, der inoffiziellen Hauptstadt der Arktik. Leider war das Wetter für die Lofoten zu schlecht und deshalb entschieden wir uns dafür, ein anderes Mal wiederzukommen.

In Tromsø, unserer letzten Station, hatten wir endlich wieder ein eigenes Zelt und machten uns mit einer Seilbahn auf den Weg hoch zum Storsteinen, einen Berg mit wunderschöner Aussicht. Hier wollten wir übernachten und so schlugen wir unser Lager auf. Es war einer der magischsten Momente unserer Reise. Es wurde nicht dunkel und deshalb konnten wir die ganze Nacht das Panorama genießen.

Unsere letzten zwei Tage verbrachten wir mit einer Reisebloggerin, die uns die Gegend rund um die Insel Kvaløya und Sommarøy zeigte. Die Strände auf Sommarøy sehen teilweise aus wie auf den Malediven. Türkisblaues Wasser und weiße Sandstrände, manche nennen es das nördlichste Atoll der Welt. Wenn das Wasser nicht eiskalte acht Grad gehabt hätte, hätte man den Unterschied zu den Tropen kaum gemerkt. Unsere letzte Nacht wurden wir in eine typisch norwegisch rote Holzhütte direkt am Fjord eingeladen. Wir erfuhren nochmals viel über norwegisches Essen und Politik. Die Zeit mit den Einheimischen genießen wir immer sehr, denn man lernt einfach viel mehr über die Lebensweisen in anderen Ländern.

Zum Abschluss bleibt uns nur zu sagen, dass Norwegen landschaftlich zwar bezaubernd ist, das Land aber nicht gerade perfekt fürs Backpacken geeignet ist. Es ist zwar durchaus ein Abenteuer und man kann auch mit den Backpacks viel erreichen und sehen. Es gibt nur einen großen Haken: Alles ist unfassbar teuer! Hinzu kommt, dass Campingplätze und Hostels rar sind in den Städten. Auf dem Land funktioniert das Wildcampen aber ganz gut. Man kommt auch gut ohne Auto von A nach B, aber das geht richtig ins Geld, vor allem kurzfristig gebucht. Für eine Low-Budget Reise ist das Land also nicht geeignet, das wäre natürlich auch mit einem eigenen oder gemieteten Camper nicht anders. Aber wenn zum Sightseeing und der Ernährung auch noch Übernachtungs- und Fahrtkosten hinzukommen, wird’s happig. Insgesamt haben wir für die Reise ca. 2579,58 Euro (exkl. Flüge) ausgegeben. Davon haben wir drei Nächte im Hotel, eine Nacht im Airbnb und zwei Nächte im Hostel verbracht. Die weiteren Nächte verbrachten wir im Zelt, in den Öffis oder bei Bekannten. Besonders das Essen und der Transport waren sehr teuer. Wer aber ein Abenteuer und eine umwerfende Landschaft sucht, ist in Norwegen genau richtig. Davon waren wir absolut begeistert!

 
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