Nachtzug fahren in Thailand

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Zug fahren in Thailand ist eine der Sachen, die man einmal im Leben gemacht haben sollte! Das liegt nicht daran, dass es überaus komfortabel oder praktisch wäre und man super schnell von A nach B käme. Eher das Gegenteil ist der Fall. Nein, Zug fahren ist in Thailand nicht Mittel zum Zweck. Es ist ein Erlebnis. Und die Fahrt ist so erlebnisreich, es war eigentlich fast zu schade zum Schlafen.

Aber warum? Da wäre zum einen die Authentizität. Schon als wir in Bangkok Hua Lamphong, dem zentralen Fernbahnhof der Metropole, unsere Tickets am Schalter kauften, schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Abgesehen von ein, zwei digitalen Werbewänden und wenigen neuartigen Annehmlichkeiten sah alles aus wie vor 100 Jahren und versprühte den Charme der Anfänge des Eisenbahntums. Total urig! Von modernen Standards wie angeschlossenen Einkaufsmeilen oder digitalen Anzeigen bis hin zu moderner Architektur und Rolltreppen keine Spur. Zug fahren in Thailand ist eine Zeitreise und das beginnt schon beim Ticketkauf und geht weiter bei Zügen, Bahnsteigen und endet bei der Fahrt an sich.

Zum anderen wäre da der Preis. Umgerechnet 30€ pro Person bezahlten wir für eine Fahrt von Bangkok nach Surat Thani, wo wir am nächsten Morgen in die Fähre nach Koh Samui umstiegen. Die Fähre und der Transfer vom Endbahnhof zum Hafen sind sogar im Preis inkludiert, wenn man das Ticket bis nach Koh Samui bucht. Sicher, das ist kein Schnäppchen für thailändische Verhältnisse, aber im Vergleich zu Europa, wo man sich im Vor- und Nachhinein immer fragt, wofür man eigentlich so viel Geld gezahlt hat, ist der Preis gut zu stemmen und auch vollkommen angemessen.

In den meisten Fällen ist Bangkok als Primat- und Hauptstadt der Dreh- und Angelpunkt des landesweiten Zugverkehrs. Da das Netz im Allgemeinen nur dünn ausgebaut ist, gibt es kaum Strecken, die nicht dort starten oder enden. Weil auch die meisten Backpacker ihre Touren von Bangkok aus starten, ist das Zugfahren eine beliebte und preiswerte Alternative zum Fliegen. Noch günstiger geht es mit dem Bus. Das ist allerdings sehr strapazierend und vor allem unsicher. Busse und die Reisenden sind ein beliebtes Ziel für Taschendiebe und Überfälle.

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Zugfahren ist hingegen sehr sicher. Wir trafen am Abreisetag um ca. 19:00 Uhr am Bahnhof Hua Lamphong ein. Dieser wirkt im ersten Moment sehr groß, dabei ist er übersichtlich und hat nur wenige Gleise. Das Gleis mit unserem gar nicht so alten Zug war ausgeschildert, unser Waggon und die Sitzplätze standen auf unseren Tickets. Das Ticket für die Fähre später war bereits an das Zugticket angeheftet. Alles war sehr unkompliziert und entspannt. Ein wenig verspätet ging es um kurz nach 19:30 Uhr los. Jeder Waggon hat einen eigenen Mitarbeiter, der sich während der Fahrt um Auf- und Abbau der Betten und das Wohl der Fahrgäste kümmert. Die ersten zwei Stunden der Fahrt saßen wir uns wie in einem normalen Zug auf zwei gepolsterten Bänken gegenüber. Dann wurden diese zu einer ebenen Liegefläche umgebaut und das obere Bett von der Decke heruntergeklappt. Somit gab es an jedem Sitzplatz zwei Schlafplätze gleich einem Hochbett. Alle Betten befinden sich in einem großen durchgängigen Abteil, die Betten können aber mit blickdichten Vorhängen abgetrennt werden. Kissen und Decken werden gestellt und sind frisch gewaschen und bezogen. Koffer und Taschen kannst du unter die unteren Betten schieben oder in kleinen Fächern an der Decke verstauen.

Unsere absolute Empfehlung: Sei nicht knauserig und zahle den kleinen Aufpreis für das klimatisierte Abteil. Dieser Luxus ist es wert, es kann sonst unangenehm heiß in der Nacht werden. Und ganz wichtig! Für eine einigermaßen erholsame Nacht nimmst du am besten für einen weiteren kleinen Aufpreis das untere Bett! Das hat mehrere Gründe. Erstens brennen die gesamte Fahrt über die Deckenlampen gleich einer Festtagsbeleuchtung. Über die Gründe können wir nur spekulieren. Wahrscheinlich geht es um die Sicherheit der Fahrgäste und dass Diebstahl vorgebeugt werden soll. Jedenfalls ist der untere Schlafplatz viel besser abgeschirmt vom Licht und somit recht dunkel. Zweitens sind die Betten für Thailänder gemacht. Menschen mit 185cm< Körpergröße passen ausgestreckt einfach nicht hinein. Das untere Bett ist aber deutlich breiter als das obere, sodass man sich leicht diagonal hinlegen und einigermaßen ausstrecken kann. Und auch sonst ist das untere Bett deutlich komfortabler, alles natürlich relativ gesehen. Und noch etwas: Frag beim Kauf des Tickets nach einem Bett in der Mitte des Waggons. Wir lagen am Ende direkt an der Tür zum nächsten Abteil. Ständig ging diese auf und zu oder blieb sogar ganz geöffnet. Nicht nur, dass wir somit zwischen den Waggons praktisch auf die Gleise schauen konnten, es war auch unerträglich laut. Immerhin war der Weg zur Toilette und zu den Waschbecken kurz. Umkleidemöglichkeiten gibt es nicht wirklich, also zieh dir am besten bequeme Klamotten an, in denen du auch eine Nacht verbringen kannst. Der eine oder andere Reisende erlaubt sich hier auch mal die Fahrt in der ersten Klasse, die gar nicht so viel teurer ist, allerdings können wir euch dazu keine Tipps geben, da wir selbst nur in der zweiten Klasse gefahren sind.

Die Fahrt an sich ist dann aber wirklich ein Erlebnis. Du darfst aber keinen Schnellzug erwarten, der Zug fährt ohne Oberleitung und mit Diesel. Gleich einer Bimmelbahn rumpelt er unsäglich langsam vor sich hin, alles schaukelt und quietscht, die Gleise scheinen schief und krumm zu sein und wir erwarteten ständig, im nächsten Moment zu entgleisen. Aber trotzdem hat alles so eine ganz eigene Gemütlichkeit und wirkt unheimlich entschleunigend. Ab und zu kommt jemand mit einer Karte vorbei und bietet Essen an. Davon würden wir dir aber abraten. Die Preise sind unangemessen hoch und du kriegst woanders bessere Qualität.

Pünktlich nach rund zwölf Stunden Fahrt kamen wir am nächsten Morgen um kurz nach sieben Uhr in Surat Thani an. Das Wecken durch den Bahnmitarbeiter klappte problemlos und auch der Rückbau der Schlaffläche wurde uns abgenommen. Da wir die meiste Zeit der Fahrt verschliefen, verging die Reise wortwörtlich wie im Flug. Denn wir waren gerädert wie nach einem Nachtflug in der Economy Class. Überragenden Komfort darfst du wirklich nicht erwarten. Und solltest du einen leichten Schlaf haben, sind Schlafmaske und Oropax ein Musthave!

Dennoch: Wenn der Weg dein Ziel ist, du ein authentisches Erlebnis suchst und gleichzeitig sicher und günstig reisen möchtest, dann kommst du am Nachtzug fahren in Thailand nicht vorbei. Daumen hoch von uns!

 

Von Bangkok aus kommst du mit dem Nachtzug an verschiedenen Umsteigebahnhöfen vorbei. Die beliebtesten sind Chumpon (wenn du direkt nach Koh Tao möchtest) oder Surat Thani. Von Surat Thani aus hast du diverse Möglichkeiten weiter zu reisen. Zum einen fahren Busse an die Westküste Thailands, zum anderen fahren Fähren nach Koh Samui oder Koh Phangan (über Koh Samui). Die Tickets kannst du am Bahnhof Hua Lamphong kaufen. Lass dich hier nicht von Einheimischen abschrecken, die dir sagen, dass keine Tickets mehr übrig sind oder ähnliches. Geh im Bahnhof einfach zum Schalter und frag nach. Auf den Inseln bekommst du die Tickets im Normalfall direkt an der Rezeption der Unterkunft oder direkt am Hafen. Viel Spaß!

 

Noel